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„Endlich“ 2021! Und nun? Was das Luftzeitalter von uns will.

Liebe Leute, wir müssen übers Luftzeitalter reden. Da ist es nun also endlich, das Jahr, das so viele von uns kaum erwarten konnten. Wann immer ich in den letzten zwei Wochen online war und Memes oder Posts sah, in denen es darum ging, dass 2020 bitte endlich vorbei sein soll, dachte ich mir jedes Mal: […]

Was das Luftzeitalter von uns will

Liebe Leute, wir müssen übers Luftzeitalter reden. Da ist es nun also endlich, das Jahr, das so viele von uns kaum erwarten konnten. Wann immer ich in den letzten zwei Wochen online war und Memes oder Posts sah, in denen es darum ging, dass 2020 bitte endlich vorbei sein soll, dachte ich mir jedes Mal: Aber es wird doch 2021 nicht wieder alles so, wie es mal war!?

Was erwarten wir also von diesem neuen Jahr, das sich nun vor uns ausbreitet und so unendlich viel luftiges Veränderungspotential für uns bereit hält? Glauben wir wirklich, dass nun endlich wieder alles so wird wie „früher“?

Ich möchte heute ein paar Gedanken mit euch teilen, die mich während der Rauhnächte umgetrieben haben. Denn für mein Gefühl wurden die Rauhnächte, also unsere eigentliche naturverbundene Spiritualität, nie härter kommerzialisiert und öffentlich zelebriert als 2020/2021. Gleichzeitig habe ich aber auch beobachtet, dass die meisten Menschen sich parallel dazu regelrecht an weihnachtlichen Traditionen festgekrallt haben. Der Tenor scheint zu sein: Das lässt sich doch auch alles super miteinander verbinden! Wir müssen nichts loslassen, wir setzen das „Neue“ (das eigentlich „das Alte“ ist) einfach obendrauf!

Nun hatten wir im Dezember 2020 aber diese Saturn Jupiter Konjunktion im Wassermann, die das Luftzeitalter eingeläutet hat. Viele reden vom Age of Aquarius. Ich tue das nicht, weil das für meinen Geschmack ein viel zu schwammiger Begriff für ein Zeitalter ist, von dem niemand so recht weiss, wann es wirklich beginnt und wann es endet.

Fakt ist allerdings, dass wir astrologisch die Schwelle zum Luftzeitalter überschritten haben und dass die Dinge sich nun verändern werden.

Im voran gegangenen Erdzeitalter hat die materialistische Konsumgesellschaft den Ton angegeben. Im Wassermann geht es nun um Teilen anstelle von Besitzen. Um freie, digitale Strukturen anstelle von unflexibler Überbürokratisierung. Und es geht um das Aufbrechen alter, verkrusteter Strukturen und Traditionen, um Revolution und um Freiheit – allerdings nicht im Widder Sinn à la „Nieder mit dem Merkel Regime! Ich! Ich! Ich!“. Der Freiheitsbegriff im Wassermann ist viel mehr als eine Balance zwischen der individuellen Freiheit auf der einen Seite und Selbstverantwortung im Hinblick auf die Gesellschaft auf der anderen Seite zu verstehen.

Corona hat uns in Sachen „Gleichheit“ ja schon so einige Gefallen getan, indem es uns immer wieder aufgezeigt hat, was wir in der Vergangenheit alles verkackt haben.

Sei es die Black Lives Matter Bewegung als Folge der Kolonialisierung, die katastrophale Bezahlung der Menschen in unserem Gesundheitswesen als Folge diverser „Gesundheitsreformen“, die Zustände in Moria, vor denen wir hierzulande so erfolgreich die Augen verschliessen, der stetig voranschreitende Klimawandel, Politiker, die sich offen sexistisch, rassistisch oder homophob äußern, ohne dass wir zusammenzucken, Zustände in deutschen Schlachthöfen im Speziellen oder das Verspeisen von Tieren im Allgemeinen, mit denen wir uns Corona ja selbst eingebrockt haben.

2020 war wie eine Taschenlampe, die gefühlt im Minutentakt den Lichtstrahl von einem Problem auf das nächste gerichtet hat und ja, das war für uns alle sehr anstrengend und kräftezehrend.

Und ja, ich kann auch verstehen, dass sich der eine oder die andere aus Überforderung daher an den alten Strukturen festkrallt, um nicht gänzlich den Halt zu verlieren. Aber es wird 2021 anstrengend weitergehen, wenn wir uns nicht bewegen. Denn sich in christliche Traditionen zu flüchten, in denen eine Frau (die im Christentum ja ganz klar einen geringeren Stellenwert hat als ein Mann) selbstredend ohne Sex zu haben schwanger wird (andernfalls wäre sie nämlich eine billige Schlampe, denn Sexualität ist schmutzig und sündig) mitten in Galiläa wie durch ein Wunder ein Kind mit weißer Haut und blondem Haar gebärt, ist nicht sehr 2021.

Wir feiern hier kollektiv eine gleichermaßen sexistische, wie auch rassistische Geschichte. Das sollte uns allen klar sein.

Und wir feiern damit eine Religion, die sich im Rahmen der Christianisierung ein Drittel der Weltbevölkerung einverleibt hat. Eine Religion, die ihre Regeln und ihre Feierlichkeiten über die jeweiligen Naturreligionen gestülpt hat, so auch hierzulande. Eine Religion, die mit den ganzen alten, weißen Männern in Rom das Sinnbild des Patriarchats darstellt.

Kleiner Filmtipp an dieser Stelle: Schaut euch unbedingt Female Pleasure an, falls ihr den Film noch nicht gesehen habt! Er behandelt alle großen Weltreligionen und bringt sehr präzise auf den Punkt, was sie durch die Bank weg verbindet.

Aber zurück zu uns, dem Christentum und den Rauhnächten. Denn ich zucke jedes Mal zusammen, wenn ich online lese, dass diese „besonders magische Zeit“ in der Nacht nach dem „heiligen Abend“ beginnt. Natürlich kann das jede:r praktizieren, wie er oder sie will, aber wenn wir mal alles wegnehmen, was das Christentum uns übergestülpt hat, dann landen wir beim Jahreskreis und der läutet mit der Wintersonnenwende die Rauhnächte ein. Zur Wintersonnenwende haben unsere Vorfahren die Rückkehr des Lichts gefeiert. Nicht die Geburt eines blond gelockten Mannes mit weißer Haut, sondern einfach nur das Licht.

Im Rahmen der Inquisition wurden in Europa, also auch hier in Deutschland, im Auftrag der Kirche im ganz großen Stil vorzugsweise Frauen verbrannt und hingerichtet, die sich nicht „bekehren“ liessen, sich der Christianisierung widersetzt und unsere europäische Spiritualität weiterhin gelebt und praktiziert haben.

Die letzte Hexenverbrennung in Deutschland liegt keine 250 Jahre zurück.

Worauf ich hinaus will? Wenn wir auf Instagram alle überschwänglich das „Age of Aquarius“ begrüßen, öffentlich die Rauhnächte zelebrieren und noch in der selben Woche Weihnachten feiern, dann ist das unter Umständen nicht sehr integer. Vorausgesetzt natürlich, wir setzen uns mit der ganzen Nummer auseinander und feiern sie nicht bloß aus Gewohnheit. Und zu genau dieser Auseinandersetzung fordert das Luftzeitalter uns auf.

Wir posten ja auch keine schwarze Kachel auf Instagram und wählen gleichzeitig AFD. Und falls wir das doch tun, dürfen wir uns 2021 auch mit diesem Widerspruch auseinander setzen. Greta retweeten und gleichzeitig ein 10-tägiges Yoga Retreat auf Bali hosten? Schwierig.

Nach dem Relaunch habe ich hier groß verkündet, dass Age of Aquarius ein Online Format sein soll, das für Freiheit, für Gleichheit und für Menschlichkeit steht. Für Flexibilität im Geist, für gelebte Solidarität und für Spiritualität, die nichts mit Rechtsextremismus zu tun hat. Und wie ihr vielleicht gerade merkt, war das auch mein Ernst.

2021 wird nicht kuschelig. Es wird nicht so „wie früher“. Denn das Erdzeitalter liegt hinter uns.

Menschen wie Amed Sherwan sind die Gesichter dieser neuen Zeit. Mutige Menschen, die bereit sind, die alten und verkrusteten Strukturen abzustreifen, auch wenn es Morddrohungen regnet. Das Gespräch zwischen Greta Thunberg und dem Dalai Lama am 9. Januar ist 2021, weil die Intention visionär ist und nicht destruktiv (wie bei den ganzen Verschwörungs-Dullis da draußen).

Und ich weiss, dass jetzt viele schreiben werden „Aber ich finde Jesus cool“ und das ist natürlich auch vollkommen fein. Jede:r kann cool finden, wen er oder sie will. Jesus, Buddha, Mohammed, whosoever! Aber wie viel diese Einzelfiguren mit der jeweiligen Religion zu tun haben, die allesamt auf Schuld, Scham, Sexismus, Rassismus und Homophobie basieren, damit sollte jede:r von uns sich nun intensiv auseinander setzen. Und sich dabei vielleicht die Frage stellen:

Hätte Jesus sich in Zeiten einer Pandemie für eine Geburtstagsparty in den vollen ICE gequetscht?

Dass der heutige Artikel so stark das Thema Religion behandelt, ist lediglich der Tatsache geschuldet, dass so viele von uns in der vergangenen Woche dieses religiöse Fest gefeiert haben. Aber das ist selbstredend nur einer von sehr vielen Punkten, die es nun zu hinterfragen gilt und die das Luftzeitalter uns um die Ohren hauen wird.

Daher gehe ich persönlich keineswegs davon aus, dass mit dem Datumswechsel zum 1. Januar nun plötzlich alles wieder fluffig und gemütlich wird.

Denn Wandel geht nie gemütlich von statten und das Luftzeitalter fordert jede:n Einzelne:n von uns nun dazu auf, unseren Arsch zu bewegen. Und im Gegensatz zu 2020 dürfte sich durch das Luftelement nun auch die Geschwindigkeit deutlich erhöhen.

Ich weiss, dass ein Artikel à la „Du bist vom Sternzeichen Stier, Du wirst in diesem Jahr die Liebe Deines Lebens finden“ zum Jahresauftakt hier sehr viel besser ankommen würde als ein Aufruf, unser aller Verhalten in Bezug auf alte Traditionen und Ungerechtigkeiten zu hinterfragen. Aber so what!? Ich habe I LOVE SPA nicht ohne Grund beerdigt.

Machen wir was draus!