Das Retreat 2020 und der Beginn einer neuen Zeit
Hey Leute, das Schlafschaf eures Vertrauens ist zurück und möchte heute mal mit euch über den Beginn einer neuen Zeit und das Retreat 2020 reden, in das unser Planet uns vor nunmehr 5 Monaten geschickt hat. Ist es nicht verrückt, dass viele Menschen aus der spirituellen Szene sehr viel Geld für Retreats ausgeben, um (zu) […]
Hey Leute, das Schlafschaf eures Vertrauens ist zurück und möchte heute mal mit euch über den Beginn einer neuen Zeit und das Retreat 2020 reden, in das unser Planet uns vor nunmehr 5 Monaten geschickt hat.
Ist es nicht verrückt, dass viele Menschen aus der spirituellen Szene sehr viel Geld für Retreats ausgeben, um (zu) sich zu finden? Dass sie um den halben Planeten jetten, um auf Bali ihre Gedanken zu beobachten oder vierstellige Summen ausgeben, um in kargen indischen Ashrams einfach nur zu atmen?
Und ist es nicht irgendwie auch paradox, dass viele genau dieser Menschen mit dem Retreat 2020 nun nicht zurecht kommen, weil es nicht auf 14 Tage oder 4 Wochen limitiert ist?
Sind wir doch mal ehrlich: Zuhause ist es sehr viel komfortabler und gemütlicher als in einem indischen Ashram. Niemand nimmt Dir das Handy weg, Du kannst Dir geiles Essen bestellen und der ganze Trip wird mit ein bisschen Glück auch noch durch Soforthilfen des Bundes bezuschusst.
Aber plötzlich schmeissen die Menschen sich reihenweise wie trotzige Kinder auf den Boden, trommeln mit den Fäusten auf die Erde und beklagen sich, dass sie beim Einkaufen eine Maske tragen sollen. Dass sie nicht mehr verreisen dürfen. Dass man ihnen ihre Grundrechte nimmt. Ich finde das ziemlich interessant. Denn ist es nicht so, dass wir erst so richtig zu uns kommen, wenn das Retreat nicht nach 2 Wochen endet?
Zugegeben, ein Selfie mit Maske bei Rewe macht auf Instagram weniger her als eine inszenierte Meditationspose in Balis üppiger Vegetation. Aber kommen wir nicht genau jetzt an den Punkt, von dem alle immer geredet haben? Der Punkt, an dem es wirklich ans Eingemachte geht? An den richtig tiefen Scheiss, der sich nur dann den Weg nach oben bahnt, wenn die Ablenkungen im Außen längerfristig auf ein Minimum reduziert bleiben? Denn irgendwann sind wir ja alle mal mit Netflix durch und der Podcast Feed ist auch durchgehört. Was dann? Was, wenn all‘ diese ungemütlichen Gefühle in einem aufsteigen, von denen man sich all‘ die Jahre so erfolgreich abgelenkt hat? Was, wenn der Ayahuasca Urlaub dieses Jahr ausfällt und sämtliche Formen des Spiritual Bypassings einfach nicht mehr greifen?
Würdet ihr in einem Ashram auch einen Schuldigen suchen, dem ihr die Verantwortung für eure ungemütlichen Gefühle überstülpen könnt? Würdet ihr in einem Schweigeretreat laut „Maulkorb“ schreien und euch auf eure Meinungsfreiheit berufen? Ich glaube ja nicht.
Wo ist sie hin, die Dankbarkeit, von der doch alle auf Yoga- und Spiri-Retreats ununterbrochen geredet haben? Und wo hat sich die Demut versteckt? Die meisten Länder auf diesem Planeten beneiden uns verdammt nochmal um unsere Verhältnisse hier in Deutschland! Was zur Hölle stimmt mit uns nicht?
Astrologisch betrachtet befinden wir uns an der Schwelle zu einer neuen Zeit. Das Luftzeitalter hat uns schon mal den rosa Teppich ausgerollt und wir bekommen seit ein paar Monaten einen ersten Eindruck davon, was in dieser neuen Zeit noch funktionieren wird und was nicht. Und es sieht ganz danach aus, als wäre Solidarität zukünftig sehr angesagt und das Erheben des Einzelnen über viele andere eben nicht mehr.
Ohne nachzudenken Billigflüge buchen und geile Insta Reisehotspots abklappern? Verdammt, die Klimakrise! Wer auf die Maskenpflicht scheisst und Teil einer Infektionskette wird, läuft Gefahr, dass am Ende dieser Kette Risikopatienten mit ihrem Leben dafür bezahlen. Wer beim Lieblingsitaliener die Pizza mit Schinken bestellt, wird immer schwerer verdrängen können, dass da auch großes Tierleid und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen mit auf dem Teller liegen und wer Statements wie „all lives matter“ vom Stapel lässt, wird immer häufiger auf seine privilegierte Haltung hingewiesen werden und vielleicht irgendwann auch checken, dass der eigene Lifestyle all‘ die Jahre nur auf Kosten anderer funktioniert hat.
Es könnte also verdammt ungemütlich werden in diesem Luftzeitalter, wenn unsere patriarchalen und kapitalistischen Strukturen, die „Geiz ist geil“-Mentalität und die Individualisierung mit der daraus resultierenden Fokussierung auf das eigene Ego nicht mehr so funktionieren wie bisher. Und gerade bekommen wir einen Vorgeschmack auf das alles. „Nach Corona wird die Welt eine andere, eine bessere sein“ haben vor wenigen Monaten auch die Spiris noch in ihren Social Media Feeds gesäuselt. Und jetzt, wo wir wirklich an der Schwelle stehen, ist das Geheule groß. Denn diese „bessere Welt“ ist untrennbar mit Einbußen für all‘ diejenigen verknüpft, deren Lifestyle bisher nur auf Kosten anderer möglich war – und damit konnte nun wirklich niemand rechnen.
Vielleicht ist es jetzt also wirklich an der Zeit, all‘ das zu verinnerlichen, womit wir uns in den letzten Jahren „just for fun“ auseinander gesetzt haben, ohne es ernsthaft radikal umzusetzen. Vielleicht dürfen wir nun lernen, was Dankbarkeit wirklich bedeutet, wie Demut funktioniert und wie es sich anfühlt, sich selbst auszuhalten im Retreat 2020. Der Herbst wird kommen, die Tage werden kürzer sein und die Ablenkungsmöglichkeiten außerhalb der eigenen Wohnung werden sich reduzieren.
Aber lasst uns durchhalten! Ich glaube, es lohnt sich.
Ich habe diesen Text vor den Demonstrationen am vergangenen Wochenende geschrieben. Einen guten Artikel, der auch darauf eingeht, findet ihr hier!